August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis
Preisträger 2020
Für seine Forschung über den Einfluss von Transkatheter-Aortenklappenimplantationen (TAVI) auf den Behandlungserfolg bei Patienten mit Aortenklappenstenose erhielt Dr. Bo Eric Beuthner, Assistenzarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), den mit € 15.000,- dotierten August Wilhelm- und Lieselotte Becht-Forschungspreis, der damit zum fünften Mal an einen Göttinger Herzforscher geht. Die Arbeit mit dem Titel „Impact of myocardial fibrosis on left ventricular remodelling, recovery, and outcome after transcatheter aortic valve implantation in diff erent haemodynamic subtypes of severe aortic stenosis“ wurde 2020 im renommierten „European Heart Journal“ veröffentlicht.
Neue Erkenntnisse zur kathetergestützten Aortenklappen-Implantation (TAVI)
Die Aortenklappenstenose ist die häufigste Herzklappenerkrankung im höheren Erwachsenenalter. Ist die Aortenklappe verengt, wird das Blut nicht mehr ausreichend in den Körper gepumpt: Es kann zu einer fortschreitenden krankhaften Veränderung des Herzmuskels, beispielsweise durch Vermehrung des Bindegewebes im Herzmuskel (Fibrose), kommen – eine chronische Herzschwäche kann die Folge sein. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) über die Leistenarterie als Alternative zum chirurgischen Eingriff bei einer fortgeschrittenen Aortenstenose, insbesondere bei älteren Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko, durchgesetzt. Bei diesem schonenden Verfahren wird die verkalkte Aortenklappe zur Seite gedrückt und eine neue Herzklappe mittels Katheter in Position gebracht.
Dr. Bo Eric Beuthner
Dr. Beuthner ist in seiner Arbeit zwei bislang ungeklärten Fragen nachgegangen: Welchen Einfluss haben die typischen Gewebeveränderungen bei einer kardialen Fibrose auf die Umbauprozesse des Herzens? Und: Wie wirken sich diese auf die Behandlungsergebnisse von Patienten mit schwerer Aortenstenose nach einer TAVI aus? Hierfür wurde 100 Studienpatienten während des kathetergestützten Aortenklappenersatzes (TAVI) zusätzlich eine Gewebeprobe aus der linken Herzhauptkammer entnommen. Die Probe diente dazu, einen möglichen Zusammenhang zwischen der kardialen Fibrose, dem Überleben nach Klappenersatz, der Erholung des Herzens und dem Befinden der Patienten zu untersuchen. Das Ergebnis: Die Vermehrung des Bindegewebes im Herzen verzögert die Erholung der Herzfunktion und mindert die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer TAVI-Prozedur. „Die Studie hat uns aufgezeigt, dass die Beschaffenheit des Herzgewebes eine bedeutende Rolle für das Leben nach einem Klappenersatz spielt. Folglich sollte zusätzlich zum Klappenersatz bei Patienten mit ausgeprägter Herzmuskelfibrose eine medikamentöse Therapie zur Reduktion der Fibrose durchgeführt werden. Die Ergebnisse dienen uns als Grundlage für die Entwicklung dieser Therapie. Eine entsprechende Patientenstudie ist bereits für 2021 geplant“, sagt Dr. Beuthner.
- • Dr. Bo Eric Beuthner,
Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
Forschungsarbeit:
„„Impact of myocardial fibrosis on left ventricular remodelling, recovery, and outcome after transcatheter aortic valve implantation in diff erent haemodynamic subtypes of severe aortic stenosis ” (Eur Heart J. 2020 May 21; 41 (20): 1903 – 1914 doi: 10.1093/eurheartj/ehaa033)”.”.
Preisträger 2019
Bei Herzinfarkt-Verdacht zählt jede Minute: für den Patienten, aber auch für den Notfallmediziner in der Klinik. Der Herzinfarkt zählt mit rund 47.000 Sterbefällen pro Jahr zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Der rasche und zuverlässige Nachweis oder Ausschluss eines akuten Herzinfarktes ist daher von höchster Bedeutung. „Denn je schneller der Herzinfarkt oder eine andere schwerwiegende Herzerkrankung diagnostiziert werden kann, umso rascher lässt sich ein möglicher chronischer Schaden am Herzmuskel oder ein Herztod verhindern“, betont Prof. Dr. med. Armin Welz, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung. Nach Auswertung der Daten von über 22.600 Herznotfallpatienten hat der Kardiologe PD Dr. med. Johannes Neumann, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg und Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam einen Online-Risikokalkulator entwicket. Dafür erhielt er den mit € 15.000,– dotierten August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis.
Der beste Zeitpunkt für die zweite Troponin Messung? Studie soll Klarheit bringen
Standard in der Versorgung von Notfallpatienten mit Verdacht auf Herzinfarkt ist die Messung der Konzentration von hochsensitivem Troponin in deren Blut. Diese Messung erfolgt auf Basis von festen Grenzwerten, wenn nicht zuvor schon mit einem EKG die Diagnose gesichert werden konnte. Allerdings existieren unterschiedliche Möglichkeiten für den Zeitpunkt der zweiten Troponin-Messung. Auch bleibt der Umgang mit der Langzeitprognose für Patienten unklar, die zwar keinen Herzinfarkt haben, aber anhaltend erhöhte Troponin-Werte im Blut aufweisen.
Prof. Dr. Stefan Blankenberg (l.), Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und Studienleiter PD Dr. Johannes Neumann, Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie, vor der Zentralen Notaufnahme des UKE.
Individuellere und genauere Herzinfarkt Vorhersage für Ärzte
Im Rahmen ihrer COMPASS-MI-Studie haben Neumann und Kollegen ein neuartiges Konzept der Herzinfarkt-Diagnostik entwickelt. Dieser Risikokalkulator soll es den Ärzten schneller als bisher erlauben, Niedrigrisiko- von Hochrisikopatienten zu unterscheiden. Damit ließe sich ausrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Patient zum Zeitpunkt der Klinikaufnahme einen Herzinfarkt hat und einen Herzinfarkt bis zu 30 Tage nach Erstvorstellung in der Notfallambulanz erleidet. „Damit erweitert das Konzept den derzeitigen Ansatz von festen Grenzwerten auf eine individuellere Risikovorhersage und stellt darin einen Paradigmenwechsel in der Frühdiagnostik des Herzinfarktes dar“, sagt der Arzt und Forscher. Die Originalarbeit ist im renommierten „New England Journal of Medicine“ erschienen (DOI: 10.1056/ NEJMoa1803377)
Preisträger 2018
In Deutschland leiden mehrere Millionen Menschen an Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen. Viele Betroffene benötigen für eine Regulierung ihres Herzrhythmus einen Herzschrittmacher oder Implantierbaren Cardioverter-Defibrillator (ICD/„Defi“). Rund 110.000 Herzschrittmacher und ICD werden laut Deutschem Herzbericht pro Jahr in Deutschland neu implantiert. Beide Herzimplantate können störanfällig auf starke elektromagnetische Felder reagieren, indem die Geräte diese Felder als eigene Herzaktivität des Schrittmacher- bzw. ICD-Trägers fehlinterpretieren (sog. „Oversensing“) und dadurch ein gefährliches Aussetzen der Pumparbeit des Herzens bewirken bzw. ICD-Schockabgaben fälschlicherweise provozieren können. Elektroautos erzeugen ein elektromagnetisches Feld, so dass auch von diesen Fahrzeugen Störeinflüsse auf Herzschrittmacher und ICD ausgehen könnten. Weil die Verbreitung von Elektroautos und deren Nutzung auch durch Herzpatienten zunehmen dürfte, ist das Interesse der Herzmedizin an Untersuchungen, ob diese Störeinflüsse bedenklich sein können, groß. Nur mangelt es dazu bislang an aussagekräftigen Studien.
Verunsicherung bei Herzpatienten
Deswegen hat der Kardiologe Dr. med. Carsten Lennerz, Oberarzt am Deutschen Herzzentrum München (DHM), eine Untersuchung durchgeführt, die klären sollte, ob für Schrittmacher- und Defi-Patienten bedenkliche Störeinflüsse von Elektroautos ausgehen, beim Fahren des Autos und beim Aufladen. Die Arbeit wurde mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) in Höhe von 15.000 Euro ausgezeichnet. „Für Ärzte und für Tausende Herzpatienten, die zukünftig immer mehr privat und beruflich Elektroautos nutzen werden, sind die Erkenntnisse dieser Arbeit wichtig. Erst belastbare Daten ermöglichen es Ärzten, Empfehlungen an ihre Patienten in diesem Bereich zu geben und Patienten unnötige Ängste zu nehmen“, betont der Herzchirurg und ehemalige Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF, Prof. Dr. med. Hellmut Oelert. Die Studie wurde 2018 publiziert. „Viele Schrittmacher- und Defi-Träger reagieren wegen möglicher Störeinflüsse oftmals mit großer Verunsicherung auf neue elektrische Geräte wie Elektroautos“, berichtet Lennerz. „Unsere Untersuchung soll Patienten und Ärzten eine verlässlichere Datengrundlage geben, um unnötige Einschränkungen bei der Nutzung von Elektroautos zu vermeiden.“
Dr. Carsten Lennerz bei der Untersuchung eines Herzpatienten am Deutschen Herzzentrum München
Studie belegt Unbedenklichkeit von Elektroautos – vorerst
Dr. Lennerz und Kollegen haben vier Elektroauto-Modelle mit dem (bei Untersuchungsbeginn) höchsten Marktanteil bei 108 Probanden mit Herzschrittmacher bzw. ICD aller Hersteller getestet (Schrittmacher/ICDs im Folgenden kurz „CIEDs“: Cardiac Implantable Electronic Devices). Jeder Proband bekam einen der vier Elektroautos zugeteilt und hat es auf einem Rollprüfstand maximal beschleunigt, bis 120 km/h ausgefahren und das Auto anschließend mit Strom aufgeladen. Gemessen wurde das elektromagnetische Feld im und außerhalb des Autos beim Fahren und Aufladen. Das Fahrzeuginnere ist sehr gut gegen elektromagnetische Felder abgeschirmt. Das Aufladen mit Strom stellt, wenn überhaupt, das kritischere Moment dar, weil hier die stärksten elektromagnetischen Felder auftreten. Während der Fahrt auf dem Rollprüfstand wurde bei den Probanden ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet, um durch elektromagnetische Felder ausgelöste Störungen der CIED-Funktion zu registrieren. „Unsere Untersuchungen ergaben keinen Hinweis darauf, dass von den Elektroautos für Herzpatienten bedenkliche elektromagnetische Interferenzen ausgehen, die CIEDs in ihrer Funktion stören könnten. Fehlfunktionen der Herzimplantate aufgrund der Nutzung von Elektroautos sind somit unwahrscheinlich“, resümiert Lennerz. Eine dauerhafte Entwarnung sei allerdings nicht möglich: „Elektroautos entwickeln sich in Bauweise und Ladetechnik rapide weiter, was zukünftig neue Untersuchungen erforderlich macht.“
Gefürchtete Komplikationen
CIEDs (Herzschrittmacher/ICD) haben die Funktion, elektrische Signale des Herzens aufzunehmen und diese Signale zur Steuerung der CIED-Impulse zu verwenden. Diese Impulse sorgen für eine ungestörte Pumparbeit des Herzens. CIEDs können in Nähe eines elektromagnetischen Feldes Signale wahrnehmen, die nichts mit dem Herzschlag zu tun haben, diese Signale jedoch als „Herzschlag“ fehlinterpretieren (=elektromagnetische Interferenz). Dadurch würde das Gerät fälschlicherweise aussetzen und das Herz des Patienten würde dann nicht mehr ausreichend bei seiner Pumparbeit unterstützt. Defibrillatoren könnten auch fälschlicherweise Schocktherapien abgeben, falls das elektromagnetische Feld als Kammer-Rhythmusstörung fehlinterpretiert würde. Außerdem wird diskutiert, dass elektromagnetische Felder die implantierten elektrischen Herzgeräte umprogrammieren könnten.
Video-Clip mit Statement des Forschers abrufbar unter
www.youtube.com/watch?v=_Hox6PT1zBU
Quelle: DHM/bluelake media
Preisträgerin 2017
Für ihre herausragende Forschungsleistung auf dem Gebiet der patientennahen Herz-Kreislauf-Forschung wurde Dr. med. Constanze Schmidt vom Heidelberger Zentrum für Herzrhythmusstörungen am Herzzentrum der Universitätsklinik Heidelberg mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis 2017 ausgezeichnet.
PD Dr. med. Constanze Schmidt im Labor am Universitäts-Klinikum Heidelberg
An der Heidelberger Uniklinik als Assistenzärztin der Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie tätig, beschäftigt sich Dr. Schmidt in ihrer Forschung seit einigen Jahren schwerpunktmäßig mit der kardialen Charakterisierung sogenannter Zweiporendomänen (K2P) – Kaliumkanäle im menschlichen Herzen. Ihre Erkenntnisse auf diesem Gebiet haben u.a. die Verbesserung der medikamentösen Therapie des Vorhofflimmerns zum Ziel. Den mit 15.000 Euro dotierten Becht-Forschungspreis erhielt die Forscherin für ihre Arbeit „Inverse Remodeling of K2P3.1 K+ Channel Expression and Action Potential Duration in Heart Failure and Atrial Fibrillation – Implications for Patient-Specific Antiarrhythmic Drug Therapy“. Die Forschungsarbeit von Dr. Schmidt wurde vom Gutachtergremium als beste von insgesamt neun Arbeiten prämiert.
Preisträger 2016
Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 386.000 Patienten mit Herzschwäche in eine Klinik eingewiesen, weil sich ihre Erkrankung verschlimmert hat. Über 45.000 Menschen sterben jedes Jahr an Herzschwäche. Forschung zur besseren Versorgung von Patienten mit Herzschwäche ist deshalb unverzichtbar. Das Herz funktioniert wie eine Pumpe, deren Arbeitsphasen in eine Füllungsphase (Diastole) und eine Auswurfphase (Systole) unterschieden werden. Störungen der Herzfunktion beruhen nicht nur auf der Auswurfleistung, der Systole, sondern etwa die Hälfte aller Fälle von Herzschwäche (Herzinsuffizienz) auf Störungen der Füllungsphase, Diastole.
PD Dr. Karl Toischer an seinem Arbeitsplatz.
Eine von der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) mit dem renommierten August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis (Dotation: 15.000 Euro) ausgezeichnete Arbeit des Herzspezialisten PD Dr. med. Karl Toischer, Oberarzt der Abt. Kardiologie und Pneumologie am Klinikum der Georg-August-Universität Göttingen, widmet sich Ursachen der Herzschwäche, die in Verbindung mit gefährlichen Herzrhythmusstörungen stehen können. "Um die Ursachen der Herzschwäche weiter zu erforschen und neue Therapien entwickeln zu können, sind Erkenntnisse über Störungen des Calciumstoffwechsels in den Herzmuskelzellen sehr wichtig", betont der Herzchirurg Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF. Dabei geht es um Fragen wie: Wie wirken sich solche Störungen auf den Krankheitsverlauf der Herzschwäche aus? Welche Komplikationen folgen daraus?"Die Arbeit des Göttinger Forschers liefert einen wichtigen Baustein zur Beantwortung dieser Fragen."
Zentraler Gegenstand von Toischers Arbeit mit dem Titel Role of sarcoplasmic reticulum calcium leak in heart failure ist eine Störung der für die Kontraktion des Herzmuskels wichtigen Calciumversorgung, die durch ein Leck eines zellinternen Calciumspeichers, dem sogenannten sarkoplasmatischen Retikulum (SR), hervorgerufen wird. "Calcium ist im Herzen von zentraler Bedeutung, da es die Kontraktion kontrolliert, aber auch einen Einfluss auf die elektrischen Ströme im Herzen und somit auf Rhythmusstörungen hat. Das sarkoplasmatische Retikulum als zellinterner Calciumspeicher spielt dabei eine besondere Rolle", erläutert Dr. Toischer. Im Verlauf einer Herzschwäche kommt es zu Veränderungen der Calciumströme. Dabei zeigt sich ein erhöhtes Leck des SR mit Verlust von Calcium in der Diastole. Dieses SR-Leck ist in der Forschung bereits gut beschrieben, und seine Folgen werden seit Langem diskutiert. "Die Bedeutung des Lecks für den Verlauf der Herzschwäche und das Auftreten gefährlicher Rhythmusstörungen ist aber bisher nicht geklärt worden", betont der Kardiologe.
Neuer Hemmstoff
Auch Dr. Toischer und sein Team gingen bei ihrem Forschungsvorhaben von der Annahme aus, dass das SR-Leck nicht nur das Fortschreiten der Herzschwäche mit verursacht, sondern auch an der Entstehung von Rhythmusstörungen der Herzkammern beteiligt sein könnte. Deswegen untersuchten sie, welche Effekte die Hemmung des SR-Lecks auf die Herzschwäche, aber auch auf Herzrhythmusstörungen haben kann. Am Tierexperiment konnte gezeigt werden, dass eine Normalisierung des Lecks durch einen spezifischen Hemmstoff zu einer Verbesserung des Überlebens führt. Hierzu wurde ein neuer, spezifischer Hemmstoff des SR-Lecks (S36) genutzt. Im Tierexperiment zur Herzschwäche führte eine dauernde Verabreichung von S36 zu einer Normalisierung des SR-Lecks und zum verbesserten Überleben der Tiere. „Die Ursache hierfür ist allerdings nicht ein verlangsamtes Fortschreiten der Herzschwäche, sondern eine deutliche Verringerung von Herzrhythmusstörungen der Herzkammern. S36 könnte daher für die Behandlung von Rhythmusstörungen mit Medikamenten von Nutzen sein“, so Dr. Toischer.
Preisträger 2015
Patienten mit koronarer Herzkrankheit müssen meist mehrere Medikamente einnehmen. Kommen Begleiterkrankungen hinzu, wächst die Zahl der Medikamente weiter. Über die Wechselwirkungen zwischen Herzmedikamenten und Medikamenten gegen Schmerzen ist wenig bekannt. Da die sogenannten NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) wie Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Coxibe nicht nur zu Magenblutungen führen, sondern auch Herz und Niere schädigen können, verordnen die Ärzte seit einigen Jahren stattdessen häufig Medikamente mit dem Wirkstoff Metamizol (z. B. in: Novaminsulfon Lichtenstein, Novalgin). Wie diese Medikamente bei koronarer Herzkrankheit wirken, wenn die Patienten ASS einnehmen, ist offen. Auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) hat Dr. med. Amin Polzin vom Universitätsklinikum Düsseldorf für seine Arbeit Novalgin Schmerzmedikation bei aspirinbehandelten Patienten mit koronarer Herzerkrankung den August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis erhalten.
V.l.n.r.: Prof. Dr. Hellmut Oelert, Preisträger Dr. Amin Polzin, Lieselotte Becht, Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck.
An dieser Studie nahmen 72 Patienten mit koronarer Herzkrankheit und chronischen Schmerzen teil. Alle erhielten täglich ASS 100 mg als Dauermedikation. 36 erhielten zusätzlich Novalgin in Dosierungen zwischen 0,5 mg und 3 g täglich. Die anderen 36 erhielten kein Novalgin, aber 18 nahmen nach Bedarf andere Schmerzmittel ein. Nach einer Beobachtungszeit von 3,2 Jahren zeigte sich, dass der Endpunkt der Studie, der als die Summe von Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod definiert war, häufiger in der mit Novalgin behandelten Gruppe auftrat (24 Patienten gegenüber 10 Patienten in der Gruppe ohne Novalgin). Auch die Sterblichkeit war in der ersten Gruppe höher (16 gegenüber 8 in Gruppe 2). Die Autoren vermuten, dass sich diese Ergebnisse dadurch erklären, dass Novalgin die Wirkung von ASS abschwächt. "Die Arbeit von Dr. Polzin ist ein innovativer Beitrag zu Wechselwirkungen und Wirkungsrisiken in der Therapie von Patienten mit KHK. Die Studie ist eine Basis für weitere größere Untersuchungen", sagte Prof. Dr. med. Hellmut Oelert, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF). "Die Studie hat zu wenig Patienten eingeschlossen", fügt Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung hinzu, "um aus dem Ergebnis Konsequenzen für die Praxis zu ziehen. Für verlässliche Aussagen ist eine Studie mit erheblich größeren Patientenzahlen, etwa mit 2.000–3.000 Patienten, notwendig. Die Studie von Dr. Polzin generiert eine Hypothese. Sie macht eine wichtige Fragestellung deutlich, die eine große Studie erfordert."
Preisträger 2014
Die Forschungsarbeit von Dr. med. Jedrzey Kosiuk vom Herzzentrum Leipzig mit dem Titel Bedeutung der Morphologie des linken Vorhofohrs für das Schlaganfallrisiko während Katheterablation von Vorhofflimmern wurde in Düsseldorf mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis für das Jahr 2014 ausgezeichnet.
Dr. med. Jedrzey Kosiuk
Vorhofflimmern ist mit etwa 1,8 Millionen Betroffenen die häufigste Herzrhythmusstörung und verursacht ca. 30.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland. Vorhofflimmern führt zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko. In der linken Herzvorkammer (Vorhof), vor allem im Vorhofohr (einem kleinen Blindsack, der am Vorhof hängt), entstehen beim Vorhofflimmern vermehrt Blutgerinnsel. Diese können dann, vom Blutstrom mitgeschleppt, Arterien im Gehirn verschließen und so einen Schlaganfall verursachen. Vorhofflimmern kann außerdem unangenehmes schnelles Herzklopfen verursachen und die körperliche Leistungsfähigkeit einschränken. Diese Rhythmusstörung kann in vielen Fällen durch eine Katheterablation, bei der Vorhofgewebe verödet wird, dauerhaft beseitigt werden. Eine seltene Nebenwirkung dieser Therapie ist, dass dabei Schlaganfälle ausgelöst werden können.
In seiner Forschungsarbeit konnte Dr. med. Jedrzej Kosiuk belegen, dass die anatomische Beschaffenheit des linken Vorhofohrs – man unterscheidet vier Kategorien – einen Einfluss auf das Risiko für die Bildung von Thromben bei einer Ablationstherapie hat. Das Modell zur Abschätzung des individuellen Schlaganfallrisikos durch Thrombenbildung während einer Katheterablation – anhand anatomischer Eigenschaften des linken Vorhofohrs – ist bisher einmalig und ein innovativer Beitrag zur Schlaganfallbekämpfung bei Patienten mit Vorhofflimmern.
Preisträgerin 2013
Die Forschungsarbeit von Dr. med. Miriam Puls von der Georg-August-Universität Göttingen mit dem Titel Verhältnis von Nutzen und Risiko der kathetergestützten Aortenklappenimplantation TAVI bei gebrechlichen Patienten: der Katz-Index als wesentlicher Prädiktor kurz und langfristiger Morbidität und Mortalität wurde in Dresden mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis für das Jahr 2013 ausgezeichnet.
Dr. med. Miriam Puls (li.) mit Lieselotte Becht, der Stifterin des Preises im Forschungslabor
Wenn die Aortenklappe so verengt ist, dass ein Klappenersatz notwendig wird, gab es lange dafür nur eine Möglichkeit: die Operation. Da es jedoch sehr alte und sehr kranke Patienten gibt, die nicht operiert werden können, weil die Herzchirurgen das Risiko als zu hoch ansehen, wurde ein neues Verfahren entwickelt, bei dem die neue Herzklappe mittels Kathetertechnik eingesetzt wird: die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI). Damit verfügt die Herzmedizin seit rund zehn Jahren über eine neue minimal-invasive Therapiemöglichkeit für diese Risikopatienten.
Jedoch stellen Herzspezialisten bei den oftmals hochbetagten und schwerkranken TAVI-Patienten in der Nachbeobachtung fest, dass trotz der neuen TAVI-Methode eine erhebliche Sterblichkeit sowohl direkt nach dem Eingriff als auch längere Zeit danach besteht. Um gerade bei gebrechlichen Patienten den zu erwartenden Nutzen einer TAVI und die durch den Eingriff bedingte Sterblichkeit und das Langzeitüberleben genauer berechnen zu können, haben Dr. Puls und Kollegen im Rahmen einer Studie ein Verfahren entwickelt, das der Vorhersage einer erhöhten Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit nach einer TAVI dient. Für die Risikoabschätzung wird erstmals der Grad der Gebrechlichkeit des Patienten nach dem sogenannten Katz-Index herangezogen.
Preisträger 2012
Die Forschungsarbeit von Dr. med. Florian Bönner vom Universitätsklinikum Düsseldorf mit dem Titel CD73 auf Granulozyten und T-Zellen schützt das Herz vor unkontrollierter Entzündung in der Wundheilungsphase nach Infarkt wurde in Hamburg mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis für das Jahr 2012 ausgezeichnet.
Dr. med. Florian Bönner (rechts)
Neue Einblicke in die Entzündungsprozesse, zu denen es während der Wundheilung nach einem Herzinfarkt kommt, konnten durch die mit dem Becht-Forschungspreis prämierte Arbeit von Dr. Bönner gewonnen werden. Durch die vorliegenden Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Unterbrechung eines bestimmten Stoffwechselwegs, bei dem das Enzym CD73 eine entscheidende Rolle spielt, zu einer überschießenden Entzündungsreaktion und zu einer verschlechterten Pumpleistung des Herzens nach einem Infarkt führt.
Das Enzym CD73 kommt in hoher Dichte auf der Oberfläche von Immunzellen vor und vermittelt an Ort und Stelle die Bildung von antientzündlichem Adenosin aus Adenosinmonophosphat (AMP). Dieses besitzt eine wichtige regulatorische Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei autoimmunologischen Erkrankungen. Das Fehlen von CD73 führt beim Menschen zu einer arteriosklerotischen Gefäßerkrankung. An gentechnisch veränderten Mäusen konnte nun gezeigt werden, dass das Fehlen von CD73 nach Infarkt zu einer fortschreitend verschlechternden Herzfunktion führt und mit einem Ödem sowie einer anhaltendenden Entzündung einherging. Die Wundheilungsstörung war von einer verstärkten Immunreaktion gekennzeichnet. Auch kam es u.a. zu einer Ausdehnung des Infarkts. In Studien an Mäusen konnte belegt werden, dass sich nach Transplantation von CD73 tragenden Entzündungszellen die Wundheilung wieder normalisierte.
Dr. Florian Bönner lud im Sommer 2013 die Stifterin Lieselotte Becht zum Besuch in das Institut für Molekulare Kardiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf ein. Gemeinsam mit dem Institutsleiter Prof. Dr. Jürgen Schrader erklärte Dr. Bönner in einem Rundgang durch die Forschungslabore die einzelnen Untersuchungen an gentechnisch veränderten Mäusen, die notwendig waren, um diese Forschung zur Wundheilung nach einem Herzinfarkt voranzubringen. Mit einem speziellen experimentellen Hochfeld-MRT-Gerät (Magnetresonanztomographie) können z. B. die Herzfunktion oder Wassereinlagerungen in das Gewebe nach einem Herzinfarkt untersucht und Entzündungszellen im Infarktgebiet dargestellt werden. Lieselotte Becht informierte sich ausführlich über das Forschungsvorhaben und stellte gezielt Fragen über die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten. Besonders wichtig war ihr, dass die Forschung den Herzpatienten zugutekommt.
Preisträger 2011
Die Forschungsarbeit von PD Dr. med. Fikret Er vom Herzzentrum des Universitätsklinikums Köln mit dem Titel Ischämische Präkonditionierung zur Verhinderung der Kontrastmittel-induzierten Nephropathie wurde in Düsseldorf mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis für das Jahr 2011 ausgezeichnet.
PD Dr. med. Fikret Er
Bei Herzkatheteruntersuchungen kommen Röntgenkontrastmittel zum Einsatz, wenn Herz und Herzgefäße mittels einer Koronarangiographie dargestellt werden. Diese Kontrastmittel können die Funktion der Nieren des Patienten verschlechtern. Insbesondere Patienten mit einer
vorgeschädigten Niere sind gefährdet, nach Kontrastmittelgabe eine kontrastmittel-induzierte Nierenschädigung (kurz „KIN” für kontrastmittelinduzierte Nephropathie) zu entwickeln.
Warum eine KIN entsteht, ist noch nicht ganz geklärt. Vermutet wird, dass eine Durchblutungsminderung (Ischämie) der Nieren durch das Kontrastmittel direkt oder indirekt eine entscheidende Rolle spielt.
Inwiefern sich die Zahl der KIN-Fälle senken lässt, indem man die Nieren auf eine kommende Durchblutungsstörung vorbereitet – in der Fachsprache Präkonditionierung genannt – ist Gegenstand der mit dem August Wilhelm und Lieselotte Becht-Forschungspreis 2011 prämierten Forschungsarbeit von PD Dr. med. Fikret Er, Herzzentrum des Universitätsklinikums Köln. Die Studie trägt den Titel Ischämische Präkonditionierung zur Verhinderung der Kontrastmittel-induzierten Nephropathie. Darin wird untersucht, ob die Präkonditionierung bei Patienten mit vorgeschädigten Nieren, denen eine Herzkatheteruntersuchung bevorsteht, vor einem Kontrastmittelschaden schützt.
Das Fazit der Studie: Durch eine Präkonditionierung vor Kontrastmittelgabe lassen sich die Folgen der Kontrastmittelgabe auf die Nieren deutlich reduzieren, zumindest bei Patienten mit bereits eingeschränkter Nierenfunktion.